Was gibt es heute? BND – oder: Das Fangericht

Die Anhänger des BND wären heute eine leichte Beute der früheren RAF, deren Geschichte aus der Sicht von Brigitte Mohnhaupt ich gerade gelesen habe. Jene Fans können sich nämlich heute öffentlich präsentieren mit Hilfe des BND selbst, der ihnen in einem Online-Shop (https://www.bnd.shop) ein Allerlei zur Selbstdarstellung zur Verfügung stellt: „Ob für Familie, Freunde oder dich selbst, unser Angebot reicht von Tassen oder Thermobechern, Notizbüchern, Lanyards, Kugelschreibern bis hin zu Textilien wie Socken, Hoodies oder Caps“. Wenn man sich auf dem Shop „unauffällig“, wie es heißt, umschaut, fällt einiges auf; unter anderem, was fehlt. So reicht das Sortiment der Textilien zwar vom körperlichen Unten, den – bereits ausverkauften – Tennissocken, nach oben, zu den dunkelblauen Basecaps, die farblich zu den blauen BND-Hoodies, den BND-T-Shirts für Damen und Herren und sogar zu den in den Händen steckenden BND-Skatkarten passen. Auch der Mund – wieder nach oben – kann über BND-Tassen mit Flüssigkeit versorgt werden. Wo aber bleiben die Teller, das Essbesteck? Und es fehlen zur äußeren Ausstrahlung noch das Parfum und zur inneren Vervollständigung BND-Unterhemden wie BND-Unterhosen, die man anlässlich der momentanen Hitze zum Beispiel beim Umkleiden in den öffentlichen Badeanstalten als kleine Transzendenzerfahrung kurz in Erscheinung treten lassen könnte. Auch in der Nachbarschaft könnte die Balkon-Aufhängung einer BND-Unterhose zum Trocknen alle Achtung einflößen.

Betont wird auf der Website: Die BND-Textilien seien „Fanartikel, keine Einsatzkleidung“. Die Fanartikel dienen also nicht zur „Ausübung eines öffentlichen Amtes“, auch nicht dazu, eine Handlung vorzunehmen, „welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf“. Wer diese Norm unter Einsatz der Fanartikel verletzt, begeht also die Straftat der Amtsanmaßung (StGB § 132). Ein Fan ist bekanntlich ein abgekürzter Fanatiker, denn ‚fanatic‘ selbst „stammt vom lateinischen Wort ‚fanaticus‘ ab, das ‚dem Tempel zugehörig‘ oder ‚von Gottheit inspiriert‘ bedeutet“, sagt die KI. So gesehen, haben wir im BND-Shop einen Ort mit Utensilien, die der Sakralisierung eines deutschen Geheimdienstes dienen, gleichsam einen Tempelvorhof. Jetzt erschließt sich auch der Sinn des monierten Fehlens bestimmter Textilien – nicht zuletzt der Unterhose – im körperbezogenen BND-Sortiment. In der uralten Körpermetapher, die auf die Gemeinschaft eines Staates oder eben einer Religion – das Gemeinwesen als Organismus, ‚ein Leib mit vielen Gliedern‘ – bezogen wird, werden nämlich immer wieder bestimmte Körperteile ausgespart. In seinem Vortrag zum „Schmutz – über Abfälle in der Zivilisation Europas“ (Konstanz 1991) schreibt der Mediziner und Soziologe Horst Baier: Es „fehlt das Gesäß mit seiner trägen Seßhaftigkeit und seinen markanten Absonderungen und ekeligen Gerüchen: Kot und Harn.“ Mit dem „schmutzigen und stinkenden Volk […], das sitzt und scheißt, das immer unten ist und zum Kot der Welt gehört, das immer hinaus möchte und doch mit dem Sammeln und Ausscheiden von Körperschmutz beschäftigt bleibt“ (Baier), sollen die Fans des BND offensichtlich nicht in Berührung gebracht werden.

Noch ein Hinweis für die Aufrüstung der BND-Fan-Ausrüstung. Wenn man sich schon in die Nähe des Heiligen begibt, ist höchste Vorsicht geboten. Bereits kleine Veränderungen des Outfits können Irritationen auslösen und zur Spaltung der Gefolgschaft führen. In Spanien wurde eine Marienfigur restauriert, die der „Virgen de la Esperanza Macarena“. Dabei sollte sie die Madonna von Sevilla „lediglich von Schmutz und Patina gereinigt werden. Doch ihre Auffrischung war umfangreicher – neues Make-Up und lange Wimpern inklusive. Im Internet heißt es von Nutzern: ‚Sie haben uns genommen, was wir am meisten lieben. Jetzt müssen wir diese Liebe mehr denn je zeigen und Verantwortung fordern.‘ Andere sprechen davon, der Figur sei das Leben genommen worden“, so heißt es auf katholisch.de (vom 26.06.2025). Schon mehren sich in Andalusien Forderungen der Madonna-Fans nach Rücktritt der Vorsitzenden der 18.000 Mitglieder zählenden Macarena-Bruderschaft, die für die Korrekturen – „für diese Wimpern, diese chinesischen Augen“ – verantwortlich ist. Man lerne: Auch Wimpern gehören zur Identitätsausrüstung, und: Im Kontext des Heiligen geht es um Leben und Tod. Auch auf scheinbare Kleinigkeiten der ästhetischen Performance kommt es in den Augen der Verehrer und Verehrerinnen an, zumal auch jene Härchen am oberen und unteren Rand der Augenlider dem Schutz der Augen durch das Abfangen von kleineren Schmutzpartikeln und Fremdkörpern dienen. Schon wegen kleiner Härchen können große Köpfe rollen.