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Ristorante il purgatorio
Was gibt es heute?
Skandalon – oder: Das Status-Gericht
Zweifellos hat das Jahr 2010, in dem auch das „Jahr des Priesters“ zu Ende ging, in Deutschland eine zutiefst irdische, wenn nicht unterirdische Kirche vor Augen gestellt. Die Skandale und Skandalisierungen der sexuellen Gewalthandlungen von Priestern und Ordensmännern an Kindern und Jugendlichen legten allerdings mehr als moralische Verfehlungen offen. In einem für jeden Skandal typischen […]
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Edler Hirscher – oder: Das Synoden-Gericht
Während diejenigen, die glauben, den deutschen Katholizismus zu repräsentieren, mal wieder einen Synodalen Weg in Frankfurt am Main beschreiten, sitze ich zu Hause und lese Hirscher. Da war doch was, 1849 schon, also vor fast 175 Jahren!In seiner lesenswerten Schrift über „Die kirchlichen Zustände der Gegenwart“ von 1849 fordert Johann B. Hirscher eine Kirchenreform, seinerzeit […]
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Skepsis – oder: Das Generationen-Gericht
In seinem grandiosen Nachruf auf Benedikt XVI. in der FAZ vom 2. Januar 2023 hat Daniel Deckers nebenbei daran erinnert, dass der verstorbene deutsche Papst, Jahrgang 1927, ein „Vertreter der ‚skeptischen Generation‘“ gewesen sei. Der Begriff geht auf den Soziologen Helmut Schelsky zurück. In seiner „Soziologie der deutschen Jugend“ (1957) hat er diesen Ausdruck bereits […]
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Abusus – oder: Das Wir-Gericht
Es ist ja von allerlei Missbrauch in der Kirche die Rede: sexueller Missbrauch, geistlicher Missbrauch, Amtsmissbrauch. Neulich las ich: „Vielmehr spielte Rom auf Zeit und versuchte nicht nur, Missbrauch zu dulden, sondern ihn durch amtliche Prüfungen sogar zu legitimieren.“ In den Kirchenprovinzen habe dieser Missbrauch „zur Tagesordnung“ gezählt, und dem Bischof von Perugia z.B., der […]
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Hospes – oder: Das KH-Gericht
Neulich musst ich mir mal wieder zuhören … Ehrlich gesagt, sagte ich, wollte ich 1991 an der KH – KFH hieß sie damals – ein Fremder bleiben, einer, der heute kommt und morgen geht. So könnte man auch den ‚Gast‘ oder ‚Wanderer‘ definieren. Und einige Kolleginnen und Kollegen haben mir anvertraut, dass sie als ‚Neulinge‘ […]
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Heiße Luft – oder das Ostergericht
Während ein Freiburger Pfarrer die Kirche mit einer „Kleingartenanlage“ vergleicht, die bis heute „grenzenlos, immer bunter und vielfältiger“ wächst, natürlich zur Freude Gottes („Ich glaube, Gott hat seine Freude daran“), und sich darin – wohl als Untergärtner – in einem Ensemble von „vielen Obergärtnern und Untergärtnern und Hilfsgärtnern“ sieht, freilich unter einem „Chefgärtner auf Lebenszeit“, […]
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Gröbers Schnittchen – oder: Das Geburtstagsgericht
Die Katholische Nachrichtenagentur fragte kürzlich, ob der frühere Erzbischof von Freiburg, der auch Mitglied im Förderverein der SS wurde, ein Nazi war: „War Conrad Gröber (1872-1948) ein Steigbügelhalter der Nazis? Oder einer der wenigen Kirchenführer, die gegen Hitlers Regime protestierten? Zum 150. Geburtstag des ‚braunen Conrad‘ gehen die Historikerdebatten weiter“, aber es werde kein Fest […]
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Maria – oder: Das Kriegsgericht
Jüngst stiftete Kirill, der Moskauer Patriarch, Wiktor Wassiljewitsch Solotow, seit 2016 Oberbefehlshaber der in der Ukraine kämpfenden russischen Nationalgarde, eine Marienikone, um junge Soldaten zu inspirieren, das Vaterland zu verteidigen. Solotow ist wie Putin ein KGB-Gewächs und dessen Sparringspartner im Boxen und Judo. „Ich werde ein saftiges Schnitzel aus Ihnen machen“, hatte er einst gesagt […]
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Euseb – oder: Das Strafgericht
Wer Putin verstehen will, ohne sich unter die verbleibenden ‚Putinversteher‘ einzureihen und den kriegerischen ‚Putinismus‘ zu legitimieren, und wer die Verteidigung der Invasion in die Ukraine und der Verbrechen in Belarus durch den Patriarchen von Moskau und andere russische Hierarchen (Kriegsdienst ist „Nächstenliebe nach dem Evangelium“) verstehen will, ohne damit die Moskauer Orthodoxie zu verteidigen, […]
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Bashing – oder das Kostüm-Gericht
Momentan ist Kirchenbashing angesagt – „immer druff“, scheint das Motto zu heißen: Schlagt die Geistlichen alten Schlags. Und diese selbst kloppen sich wie bekloppt untereinander: Bischöfe gegen den amtierenden Papst, Bischöfe gegen den emeritierten Papst, Kardinäle gegen Kardinäle, Bischöfe gegen Bischöfe, Priester gegen Bischöfe, Priester gegen Priester, Nonnen gegen Bischöfe, Ordensmänner gegen Bischöfe, Journalistinnen und […]
Was gibt es heute? Schwarzer Adel – oder das Liniengericht
Rituale sind beliebt, auch und gerade sogenannte Übergangsrituale von der Geburt bis zum Tod. Religionen halten eine Fülle von „Montageplänen“ vor, nach denen die Bausteine von Ritualen zusammengesetzt sind: Materie, Sprache, Klang, Bewegung (Michael Oppitz). Kirchen sind Ritualspeicher. Wenn das katholische Ritual der Weihe stattfindet, d.h. der Priesterweihe, erst recht der Bischofsweihe, aber auch schon […]
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Bene dicere – oder das Protokollgericht
Es mag sein, dass Benedikt nicht immer Gutes sagt, obwohl der Name es erwarten lässt: bene dicere. Es mag ebenfalls sein, dass Benedikt lügt, gut oder schlecht. Alle Katholiken lügen, alle Katholikinnen auch, weil alle Menschen lügen, freilich nicht immer und überall. Wer dem widerspricht, werfe sprungbereit den ersten Stein. Es hätte ja auch das […]
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Heilig’s Blechle – oder das Löffelgericht
Während der Corona-Pandemie wurde den Kirchen immer wieder attestiert, nicht systemrelevant zu sein. Was auch immer das heißt: Die Pandemie war (und ist) höchst systemrelevant für die Kirchen selbst. Und sie brachte überdeutlich hervor, dass sich die Identität einer Kirche mindestens dreifach manifestiert, nämlich in Kämpfen, Körpern und Artefakten. Das hat André Armbruster noch vor […]
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Exzentrisch rosa – oder das Ackergericht
Im exzentrischen, außerhalb des Zentrums der Schweiz gelegenen Basel gibt es heute noch fünf Friedhöfe. Einer davon ist im Osten der Stadt, wenig idyllisch mitten in einem Gewerbegebiet „zwischen SBB-Gleisen, einem Rangierbahnhof und einem Tramdepot“. Gleichwohl gilt er als eines der bedeutendsten Schweizer Beispiele für frühe, nämlich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts landschaftlich gestalteten […]
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Solar – oder das weihnachtliche Leuchtgericht
„Wenn man das innere Leuchten verloren hat und es auch nicht wiederfinden kann, dann wäre das das einzig Richtige, was man tun kann“, sagte jüngst die Weitspringerin Malaika Mihambo, die zum zweiten Mal Sportlerin des Jahres geworden ist. Das einzig Richtige, das meint sie, wäre mit dem Weitspringen aufzuhören, wenn das innere Leuchten aufhört. Müsste […]
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Pell, Paul and Mary – oder das Kardinals-Gericht
Während mein Ristorante fast einen Monat lang schließen musste, weil der Koch – in Rom, Zürich, Frankfurt, Simmern, Hausach und Bad Wimpfen – nicht nur in kulinarischer Absicht unterwegs war, hatte sein Besitzer Gelegenheit, in einem Tagebuch zu blättern: im ersten Band des Gefängnistagebuchs eines Kardinals. Der zweite Band ist für diesen Monat Dezember angekündigt. […]
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Sau – oder das Rampen-Gericht
Es waren wohl seine letzten Worte in der SWR-1-Reihe ‚Begegnungen‘ am letzten Sonntag im Oktober 2021. Thomas Knöller verstand es mal wieder, jemanden zum Sprechen zu bringen, diesmal einen Wirt und Landwirt und zugleich Küchenchef (https://www.kirche-im-swr.de/?page=beitraege&sendung=2). Dessen Großvater hatte schon vor 70 Jahren auf biologisch-dynamischen Anbau umgestellt. „Nachhaltig und gesund“ war er mit seinen Familienangehörigen […]
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Scala – oder das Tanz-Gericht
Wer hoch hinaus will, braucht einiges, manchmal eine Leiter. Wenn einer eine Leiter sucht, dann kann er was erleben. Sie auch. Zumindest hat sie oder er die Qual der Wahl. Es gibt Anlegeleitern, Schiebeleitern, Seilzugleitern, Mehrzweckleitern, Steh- und Podestleitern, Vielzweckleitern, Teleskopleitern, Steig- und Schachtleitern, Haushaltsleitern, Stufen-Doppelleitern, Dachleitern, Leitern aus Aluminium, aus Holz. „Eine Leiter muss […]
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Beryll – oder das Augen-Blicks-Gericht
Stefana Sabin, eine hervorragende Dante-Kennerin, schreibt in ihrer kleinen „Kulturgeschichte der Brille“, die aus dem konvexen Schliff von Kugeln aus Quarz, Bergkristall oder Beryll (deshalb ‚Brille‘) entstanden war, die als Lesesteine dienten, um Gegenstände oder Zeichen stark zu vergrößern, dass heutzutage „die Politik weitgehend brillenfrei“ bleibe. Politiker befürchteten nämlich, „dass eine Brille nicht nur als […]
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Vater unser – oder das Mords-Gericht
Ein provokantes Gedicht von Horst Baier, einem deutschen Mediziner und Soziologen, der 2017 in Konstanz verstorben ist. Seine Witwe erlaubte es mir, es hier nachdenklich wiederzugeben:„Vater unserDer Du gestorben bistDein Name wird vergessenWie Dein Reich versunkenUnd Dein Wille zerfallen istIm Himmel und auf Erden.SelbstSchaffen wirUnser tägliches BrotMit der Kraft unseres ArmesUnd der Gewalt unseres GeistesAuf […]
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Habushu – oder das Trance-Gericht
Wäre das Paradies in Japan gewesen, wären wir vielleicht nicht aus ihm vertrieben worden. Die verführend-verführerische Schlange wäre eiskalt vernichtet worden. Ihr tödliches Gift und alles andere Giftige, was sich Menschen antun, wäre in Wohl verwandelt worden. Denn die giftige Schlange wird in Japan in Alkohol eingelegt, damit sich ihr Gift inaktiviert und genießbar ist. […]
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Mladi-Früchte – oder: das Erscheinungsentscheidungsgericht
Schon immer befürchtet der Klerus der römisch-katholischen Kirche, dass die religiöse Kommunikation aus dem Ruder laufen könnte. Und so bekämpft er auch Hexen und Zauberer, also die religiösen Kleinunternehmer*innen auf eigene Rechnung, sowie das persönliche Charisma von Visionären und Propheten. Es geht um Marktanteile an den Kunden im religiösen Feld, das die Kirche zu monopolisieren […]
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Gula – oder: das Lehmann-Gericht
Kardinal Lehmann, der vor gut 85 Jahren geboren wurde, war bekanntlich kein Kostverächter. Kulinarisch gesehen. Um nichts anbrennen zu lassen, gab er sogar ein besonderes Kochbuch heraus, noch bevor er vor 20 Jahren „zum Kardinal erhoben“ wurde. Ja, Lehmann hatte mehrere Gesichter. „Kulinarisch durchs christliche Leben gehen“, heißt das 1997 in zweiter Auflage erschienene Rezeptbuch. […]
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Wengert – oder: das Bleistift-Gericht
Neulich lag in einem Tübinger Hotel ein Bleistift. Schwarz und kurz. Es reichte gerade für den Schriftzug darauf: „Früher war ich eine Zeitung“. Jetzt sprechen sogar schon die Schreibgeräte, dachte ich. Und: Jetzt haben sogar schon die Dinge eine Seele. Menschen ja, Tiere ja, Pflanzen ja – meinen nicht wenige. Aber produzierte Dinge? Das Hotel […]
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Ach-wie-fein – oder: das 1. Hundertpfützen-Gericht
Neulich musste sich mal wieder ein deutscher Bischof – ein Erzbischof – dazu äußern, wie er zur Zulassung von Frauen zum Priesteramt in der römisch-katholischen Kirche stehe. Solche Fragen haben dort inzwischen Ritualcharakter angenommen und die Antwort auch. Man weiß sie eigentlich schon vorher. Man fährt Karussell. Es gibt so etwas bekanntlich auch als Spielzeug […]
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Risse – oder: das Armutsgericht
Es gehen Risse durch die katholische Kirche in Deutschland. Dies zeigt der neue „MDG-Trendmonitor“ über „Religiöse Kommunikation 2020/21“. Nicht einmal mehr die Hälfte der Mitglieder (47%) dieser Kirche sagt von sich, sie sei ihr „eng verbunden“ und „gläubiges Mitglied“ (14%) oder fühle sich ihr „verbunden“, wenn auch kritisch (33%). Der Rest sagt: „Ich fühle mich […]
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Dies solis – oder: das Urlaubsgericht
Vor 1700 Jahren hat Kaiser Konstantin den Sonntag geheiligt, indem er ihn per Gesetz zum Ruhetag erklärte. Am verehrungswürdigen Tag der Sonne (venerabili die solis) soll alle Arbeit der Gewerbetreibenden, Richter und der Stadtbevölkerung ruhen. So ähnlich steht es auch heute noch im Grundgesetz, das freilich die Landbevölkerung nicht ausschließt und nicht dem Schutz des […]
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Sinn heil – oder: das Latrinengericht
Die Kirche, so sagen ihre obersten Repräsentanten, verfolge ihre „eigene Heilsabsicht“ und glaube, „durch ihre einzelnen Glieder und als ganze viel zu einer humaneren Gestaltung der Menschenfamilie und ihrer Geschichte beitragen zu können“ (Gaudium et Spes, Nr. 40). Sieht man einmal vom Unheil ab, dass allein die sexuelle Gewalt ihrer „Glieder“ und Gliederungen in die […]
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Aura – oder: das Grillgericht
Indem Reinhard Marx, mein Jahrgang, nicht sein Leben, aber eines seiner zahlreichen Ämter dahingeben wollte, um sich stellvertretend für die Vielen – die vielen bischöflichen Kollegen – und für die Institution der Kirche selbst zu opfern, hat man ihn beinahe zum Helden gemacht. Allerdings haben einige der Missbrauchsopfer bei diesem Verwandlungsspiel vom Opfer zum Helden […]
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Spirit statt Sprit – oder: das Flammengericht
Kaum jemand dürfte heute das Erlebnis haben, plötzlich kleine Feuerflammen auf seinem Kopf und auf den Schädeln anderer tanzen zu sehen. Wenn doch, dann wäre nicht die Feuerwehr zu rufen … Aber einigen dürfte doch die außeralltägliche Erfahrung nicht fremd sein, für eine Idee ‚Feuer und Flamme‘ zu werden, ‚für etwas zu brennen‘ und – […]
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Streunefix – oder: das Roll-Mops-Gericht mit Eierlikör
„Chanel 5“ wird 100 Jahre alt, ‚Uns Udo‘ 75. Hier die schräge Kunstfigur, die er sein will, dort der künstliche Duft. Chanel steigt in die Nase, Udo redet durch die Nase, unverständlich, nuschelt. Beide bezaubern mehrere Generationen – ähnlich wie ‚Uns Uwe‘, der in diesem Jahr noch 85 wird. Schon ‚Uns Udos‘ Eltern haben es […]
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Mythos – oder: das Memo-Gericht
Die These von der Privatisierung des Religiösen, der immer mal wieder widersprochen wurde, ist unverbrüchlich mit dem Namen eines meiner soziologischen Lehrer an der Universität Konstanz verbunden: Thomas Luckmann. Dessen Soziologie und Religionssoziologie ließ sich ganz zentral von der Frage leiten, wie „das Schicksal der Person in der modernen Gesellschaft zu begreifen“ ist. Von Luckmann, […]
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Melolontha – oder: Das Staatsmagazin-Gericht
Maikäferplagen sind immer noch nicht vorbei. Vor mehr als 500 Jahren (1478/79) musste der Magistrat von Bern seine Ohnmacht bei der Bekämpfung der Massenvermehrung dieser Insekten erfahren, so dass er – wie wir das bis heute so machen, wenn es um Kontingenzbewältigung geht – die Kirche um Mithilfe bat. Der Bischof von Lausanne eröffnete daraufhin […]
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Himmel und Erde – oder: das Speichergericht
Sage niemand, wir lebten in einer völlig säkularisierten Gesellschaft. Meine auch niemand, nur die sozialen Strukturen – Politik, Wirtschaft, Recht, Wissenschaft, Autobahnen, Deutsche Bahn und Krankenkassen – seien verweltlicht, die Einzelpersonen aber nicht. Nicht nur Einzelpersonen glauben daran, dass ihre Lieben weiterleben, nicht nur Einzelpersonen sprechen die Toten an, als seien sie noch auf Empfang […]
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Konjunktiv – oder: das Verfälschungsgericht
Über Tote rede man nur gut, aber vor allem wahrhaftig. Ein Tag, bevor Hans Küng in Tübingen in der Nähe von Walter Jens beerdigt wurde, wühlte es mich nicht auf, dass ihm die „katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur“ mehrere – kritische – Beiträge widmet. Mich macht vielmehr fassungslos, dass sich diese „Tagespost“ daran […]
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Küng – oder: das Ausweichgericht
Im Kontrast zu einer „Kultur, die das Opfer sucht, menschliches Leiden hinnimmt und den Künsten den Auftrag gibt, dafür die passenden Bilder zu finden“, stellt der Soziologe Dirk Baecker für die Gegenwart die „Lebensform des Wechsels“ heraus: Man könne „sich Gegebenheiten dort schaffen, wo und wie man sie braucht“ (Welchen Beitrag kann die Kultur zur Bewältigung der Corona-Krise leisten?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 71, 29. März 2021).
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Stigma – oder: das Segensgericht
Der Papst sei „ein freier Mann“, weshalb er hätte schweigen können, sagt der Theologe Magnus Striet aus Freiburg (Der Sonntag vom 28.03.2021). Deshalb „hätte er nicht seine ausdrückliche Zustimmung zu dieser Erklärung geben müssen“. Hat er aber. Er hätte ja wohl auch die Vollmacht gehabt, „nichts zu sagen“, meint Striet. Der Papst hat aber – […]
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Doppelesel – oder: Das Antirossgericht
Es gibt nicht nur dunkle, sondern auch schräge Stellen in den biblischen Texten. Eine davon ist die Erzählung vom Einzug Jesu nach Jerusalem. Der konnte auf katholischer Seite so exzessiv gefeiert werden, dass der bei der Zürcher Prozession auf Rädern fortbewegte ‚Palmesel‘ vor 500 Jahren (1522) in der Limmat ertränkt wurde – von Protestanten, versteht […]
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Nebelbrüder – oder: das Sonnengericht
In früheren Zeiten hat man hinter Blitz und Donner den unsichtbaren Gott vermutet. Hinter dem Nebel, so wissen wir jetzt, steht eindeutig ein Kardinal. Auf der Hinterbühne ließ er gern die Drähte nach Rom erglühen und inszenierte sich auf der Vorderbühne auch liebend gern als rettende Lichtgestalt. „Brüder im Nebel“ hat er diejenigen genannt, die […]
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Wallenda – oder: das Drahtseilgericht
Neulich las ich in einer Tageszeitung: „Mein Vater fuhr mit dem Fahrrad auf dem Seil, meine Mutter saß auf seinen Schultern und hielt mich im Arm“. So beschrieb die jüngst 85jährig verstorbene Akrobatin Carla Wallenda einen früheren Stunt ihrer Familie. Aus ihrer Verwandtschaft hatten sich später mehrere Mitglieder – dann auch ihr Vater Karl in […]
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Zwergsorgen – oder: das Restgericht
An Weihnachten 1954 wurde meinem jüngst verstorbenen Schwiegervater, damals 23jährig, ein Buch aus der bereits üppig blühenden Gattung der Ratgeberliteratur geschenkt. Ich habe es in seinem Nachlass gefunden: Titel: „Mehr Erfolg und Lebensfreude auch für Sie!“, 261 Seiten dick und im renommierten betriebswirtschaftlichen Gabler-Verlag veröffentlicht. Es enthält zum einen – wie Talcott Parsons sagen würde […]
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KriKo – oder: das Schwarzweißgericht
Krise ist gut, Konflikt böse? Wer sagt denn so etwas – und in welchem Kontext? Der Apostolische Nuntius in Deutschland hat das gesagt, und zwar in seinem Grußwort bei der digitalen Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2021. Ja, episkopal geht digital, aber keiner hat offensichtlich widersprochen – keine gibt‘s nicht. Denn gerichtet ist das Grußwort ja […]
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Vorgesetztes – oder: das Distanzgericht
Die herkömmliche Theologie – Theo-Logie – hat Gott, so scheint es, nach dem Bild des Vorgesetzten modelliert und die Mensch-Gott-Beziehung demnach in der Logik einer Untergebenen-Vorgesetzten-Beziehung: Gott als der Allmächtige, als der Herr über Leben und Tod, als der Große Gärtner (Emil Nolde), als die Nummer eins usw. Seit Luhmann wissen wir, dass „etwas fehlt“, […]
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Cephalophore – oder: das Däumling-Gericht
Jüngst erinnerte eine Kollegin daran, dass die Zeiten vorbei seien, in denen Professoren einer „konzentrierten Gefolgschaft ihrer Gedankengänge und -sprünge gewiss sein konnten“ (Forschung und Lehre, 2021, Heft 2). Sie denkt da an Hundertschaften von Studierenden in großen Hörsälen, die diese Gefolgschaft – was für ein Wort! – „stehend oder auf dem Boden sitzend“ praktizierten […]
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Endlich – oder: das Mangel-Gericht
„Nur das Grab des Menschen ist die Geburtsstätte der Götter“, so einst Ludwig Feuerbach über den „Zusammenhang des Todes und der Religion“.. Denn „das für den Menschen empfindlichste, schmerzlichste Endlichkeitsgefühl ist aber das Gefühl oder das Bewusstsein, dass er einst wirklich endet, dass er stirbt. Wenn der Mensch nicht stürbe, wenn er ewig lebte, wenn […]
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Inspiration – oder: das Teppich-Gericht
Dass die Kirche in einer multiplen Krise steckt, weiß fast jeder – und jede auch. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wozu sie gut ist, für wen sie gut ist und was gut für sie ist, um aus dem Schlammassel herauszukommen. Heute schürfe ich bei Friedhelm Mennekes, dem Lehrer und Freund, dem Priester und Jesuiten, der […]
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Trias – oder: das Schürzen-Gericht
Am Schluss eines digitalen Zukunftsforums der Diözese Rottenburg-Stuttgart am Freitag, dem 22.01.2021, sollten die Referent*innen auf der Basis ihrer jeweiligen Erkenntnisse und Einsichten eine – wohlgemerkt kurze – Empfehlung zur Kirchenentwicklung abgeben. Meine Auswahl setzte sich aus einer gesellschaftsbezogenen, einer organisationsbezogenen und einer interaktionsbezogenen Trias zusammen. Sie sei hier wiedergegeben: 1. Gesellschaftsbezogen empfehle ich […]
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Doppel-Doppel – oder: das Schatullen-Gericht
Dem französischen Soziologen Pierre Bourdieu ist eines Tages aufgefallen, „dass bei den Bischöfen immer ein Lachen kam, wenn sie sich, auf die Ökonomie der Kirche angesprochen, einer objektivierenden Sprache bedienten, etwa vom ‚Phänomen von Angebot und Nachfrage‘ sprachen, um das Pastoralamt zu erklären […] oder an anderer Stelle die merkwürdigsten Euphemismen erfanden“ (Das Lachen der […]
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Heilig’s Blechle – oder: das Sockengericht
„Dass dem Menschen nichts mehr heilig ist, dass ihm im Bösen alles möglich ist, wurde an einem sonnigen Nachmittag […] neu bestätigt“. Gemeint ist mit diesem Kommentar nicht die schändliche Ertrumpung des amerikanischen Kapitols am Dreikönigstag 2021, wobei mehrere Menschen starben und verletzt wurden, sondern das Attentat auf Papst Johannes Paul II. bei der traditionellen […]
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Emmentaler Morgenessen – oder: das Romulus-Gericht
… aus Anlass des einhundertsten Geburtstags von Friedrich Dürrenmatt (05.01.1921), dem vor dreißig Jahren (14.12.1990) verstorbenen Sohn eines reformierten Pfarrers. Die collagierten Zitate sind alle seinem 1949 uraufgeführten Stück „Romulus der Große“ entnommen – die (von mir) meistgesehene Komödie der Welt. Dürrenmatts Romulus spricht:„Wir haben Ausverkauf.“„Meldungen stürzen die Welt nie um. Das tun die Tatsachen, […]
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Engerlinge – oder: Das Plagengericht
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Ab Sonntag wird in Deutschland geimpft. Viele sehen darin einen Sieg der Wissenschaft nicht nur über das Virus, sondern auch über die Religion, die in der Coronakrise versagt habe. Tatsächlich sind die Vertreter der christlichen Kirchen weitgehend sprach- und deutungslos – bis auf eine Aussage: Corona sei keine […]
Was gibt es heute?
Album – oder: Das Steilwandgericht
„Und alles, was ich tu‘, mache ich zum einen, weil der Weg zum Endprodukt, wie jetzt beim neuen Album, einfach der größte Spaß ist – und dieser output ist dann das andere“ – so vor gut einem Jahr Tom Neuwirth, der 2014 als Conchita Wurst mit einem Gesicht, das man aus der christlichen Jesus-Ikonographie kennt, […]
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Unterbrechung – oder: Das Versengericht
Wenn schon die Hirten und ihre Vasallen – „Dolmetscher und Botschafter Gottes“, die „in seinem Namen die Menschen das göttliche Gesetz und die Lebensvorschriften lehren, und selbst die Person Gottes auf Erden vertreten“ (Konzil von Trient) – angesichts von Corona schweigen und oft nur noch der Toten gedenken, statt für sie zu beten, helfen vielleicht […]
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Leiden und glauben – oder: Das Wundengericht
Was machen nun all die armen Leute, die den Evangelikalismus mit dem Trumpismus verbunden haben? Ist Donalds Niederlage auch eine Niederlage ‚ihres Jesus‘? Selbst wer sich als Christ oder Christin der Evangelikalen schämt und erst recht dafür, dass sie Trump betend, singend, predigend, prophezeiend, eifernd und wählend unterstützt haben, sollte sich keiner allzu großen Hoffnung […]
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Zeigen und Schweigen – oder: Das Tabugericht
‚Das darfst du nicht essen, das ist nicht koscher‘, sagen Juden, ‚das ist nicht hallal‘, sagen Muslime. Hunde, Katzen, Pferde, Schlangen … nein, aber Schweinshaxe geht, sagen andere. Neben Essverboten gibt es weitere Tabus, etwa Schweigegebote in Gesprächen (Themen, Sachverhalte, Stilformen) oder Zeigeverbote im Internet: Terroristen beim Schießen per Handy-Video zu posten, galt in Österreich […]
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Rabimmel-Rabammel – oder: Das Rabummsgericht
Auch schon lange vor Trump gab es Fake news, wenn sich diese auch nicht über’s Internet verbreiten konnten. Auch nach Trump wird es Martinsbrezel bei und Martinsgans nach Laternenumzügen geben. In kirchlichen Kitas heißt dann der Vers: „Der Martinsmann, der zieht voran, rabimmel, rabammel, rabumm“. Wie dessen Mantel wird dann die Brezel geteilt. Martin Luther […]
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Leben – oder: Das Todesgericht
Wer daran zweifelt, dass Tote leben, kann sich darüber Gewissheit verschaffen, wenn er oder sie – Lieschen Müller liest sie jeden Morgen zuerst in der Lokalzeitung – Todesanzeigen studiert. Denn die Verstorbenen werden darin häufig mit ‚Du‘ oder ‚du‘, ‚dir‘ oder ‚Dir‘ angesprochen. Sie müssen also noch auf Empfang sein: „Lieber Jörg, es ist für […]
Was gibt es heute?
Enthüllungen – oder: Das Oldtimergericht
In einem Park in Prag, so ist zu lesen, wurde vergangene Woche Maria Theresia enthüllt, genauer: ein Denkmal von ihr. Etwas anderes hätte die vor 240 Jahren verstorbene mächtige kaiserliche Dame aus dem Hause Habsburg selbst postmortal nicht zugelassen, hatte die Mutter von 16 Kindern doch von denjenigen, die ihre Kindheit überlebten, gefordert, in ihren […]
Was gibt es heute?
Allmächtiges – oder: Das Stopfgericht
„Immer mehr Akteure streben in den Himmel“, heißt es, und ich lese zustimmend weiter: „Das schafft Probleme“. Ein neulich seliggesprochener Italiener, der hinter einer Glasscheibe sichtbar in einem Sarkophag ausgestellt ist, sprach sogar von einer „Autobahn in den Himmel“. Neulich bekannte auch der CDU-Funktionär Wolfgang Bosbach, der gar „nicht besonders fromm, aber ein gläubiger Mensch“ […]
Was gibt es heute?
Tutti frutti – oder: Das Gericht der Hoffnungen
Dass der Papst nicht vom Weltuntergang spricht, erstaunt. Denn so düster, wie er seine gegenwärtige globale Umwelt beschreibt – Umwelt im sozialwissenschaftlichen Sinn (tutti fratelli) und Umwelt im naturwissenschaftlichen Sinn (tutti frutti) – müsste eigentlich das Ende nahe sein – alles ist ja mit allem ‚vernetzt‘. Nein, sagt der Papst, da gibt es nicht nur […]
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Schnittchen – oder: Das Körpergericht
In der Regel wird bei einem Facelifting versucht, „die Alterungsschraube um 10 bis 15 Jahre zurückzudrehen“, und das Ergebnis ist „kein Dauerzustand“. Bei einem umfangreichen Facelifting kann man „mit einem Verjüngungseffekt die nächsten 7 bis 10 Jahre rechnen.“ So werden wir auf einer einschlägigen Seite eindrucksvoll belehrt (www.facelift.blog/news/wie-lange-haelt-ein-facelifting/). 10 Jahre – war da nicht was? […]
Was gibt es heute?
Angelus und Angela – oder: Das Tassengericht
Wer noch nicht alle Tassen im Schrank hat, dem fehlt sie vielleicht: Die Engeltasse. Engel sind Kult, ja: „Ohne Schutzengel ist alles doof“, kann man auf einer Tasse lesen. „Engel kann man nicht sehen, aber man kann ihnen begegnen“, steht auf einem Bambusbecher. Dagegen heißt es auf einer Teetasse: „I see angels without drugs“. Sichtbar […]
Was gibt es heute?
Drei Brüder – oder: Das Seelenkontaktgericht
Es gibt Hunde mit Halsband, Rosen mit Stacheln und Taschen mit Tragegriff, neuerdings auch „Dinge mit Seele“. Nach den Menschen, Tieren und Pflanzen haben jetzt auch Sachen so etwas. Ja, bei den drei Brüdern von „Torquato“ kann man sie haben: die Seele „in den Dingen“. Torquato habe es sich „zur Aufgabe gemacht, Dinge mit Seele […]
Was gibt es heute?
Finito – oder: Das Hütchenbastelgericht
Corona lässt vieles sichtbar werden, unter anderem viele Ungleichheiten: der Entlohnung, des Vermögens, von Bildungschancen, die soziale Ungleichheit vor Krankheit und Tod, aber auch eine Gemeinsamkeit: die sozial geteilte Angst vor dem Tod. Doch im Umgang mit ‚dem‘ Tod hören die Gemeinsamkeiten schon wieder auf. Zur Unterstützung des individuellen, ja singulären Umgangs mit den Toten […]
Was gibt es heute?
Spirit – oder: Das Leibgericht
Das Überschreiten des Alltags hin zu einem ‚Geheimnis‘ darüber oder dahinter kann schon – ganz praktisch – in der Badewanne beginnen. Nein, es – oder man – muss dort nicht enden. Auch der Gesang außerhalb der Badewassers oder das Schweigen in der Trockenheit der Wüste kann für Spiritualität öffnen. Dann gehen vielleicht, wie einer meiner […]
Was gibt es heute?
Filo di perle – oder: Himmlisches Urlaubsgericht
Urlaub – was für ein Wort! Dieses deutsche ‚Ur‘ … und dieses ‚Laub‘ aus dem deutschen Wald! Ur-Laub – Italiener rollen gern das ‚R‘ dieses urdeutschen ‚Ur‘. Ich erinnere zum Beispiel ‚Urmensch und Spätkultur‘ (von Arnold Gehlen), Ureinwohner, Urbild, Urangst, Urschrei, Urfaust, Ursünde, Urchristen, Uromas oder assoziiere z.B. Auerochsen oder eine der Kei-Inseln im Bereich […]
Was gibt es heute?
Altneu– oder: Das Traditionsgericht
In Zeiten von Corona sei eines „wirklich ganz neu“, schreibt Rainer Bucher: „Die Erfahrung, dass man eine Gesellschaft ziemlich rapide stillstellen kann“ (Wenn die Münze auf der Kante steht, in: Denken+Glauben. Zeitschrift der Katholischen Hochschulgemeinde für die Grazer Universitäten und Hochschulen 196/2020). Unabhängig von der Frage, ob die Aussage des Grazer Theologen einer soziologischen Prüfung […]
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Englische Brocken – oder: Schwindeliges auf der Himmelsscheibe
Es gibt Menschen, die lassen sich – wie der George-Jünger und Moselwein-Trinker Ernst Kantorowicz – mit einem Korkenzieher beerdigen, und andere Jünger werden schon zu Lebzeiten nach oben geschraubt. Ja, die gab es und die gibt es. Und heute? Heute offerieren wir das Brocken-Gericht mit Engel- und Götterspeise auf einer Himmelsscheibe vorweg, mit Frei-Burger am […]
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Zunge nach Wein – oder: Ja, das hilft
Am 29. Juli 2020 haben sich die Karikaturisten der FAZ entweder als Nichtkatholiken geoutet oder ein Beispiel für solche katholischen Kirchenmitglieder abgegeben, die Ratzinger bereits in den 1950er Jahren als „neue Heiden in der Kirche“ identifiziert hat, ohne sie später – als Erzbischof oder Papst – aus dem Tempel gejagt zu haben. Wie es sich […]
Was gibt es heute?
Das Zwei-Päpste-Gericht – oder: Ja, das kann der Papst
In einem Tweet am Dienstag, dem 14. Juli 2020, hat Papst Franziskus mal wieder über den richtenden Gott geschrieben: „Am Tag des Jüngsten Gerichts werden wir nicht nach unseren Ideen gerichtet werden, sondern nach dem Mitleid, das wir anderen erwiesen haben.“ Der Papst setzt den Akzent (1) auf die Taten, die aus Mitleid folgen, weniger […]